Rintelns Stromzähler werden digital

18.04.2017

Alte Kästen werden ersetzt / Theoretisch Beginn des „intelligenten“ Stromnetzes

Rund 1200 Kunden im Netzgebiet der Stadtwerke haben im Laufe der letzten Wochen einen Brief bekommen: Ihr Stromzähler soll ausgetauscht werden. Bis Juli schätzt Thomas Sewald, technischer Leiter der Stadtwerke, wird die Aktion abgeschlossen sein.

Was diesen Gerätetausch von allen anderen bisher unterscheidet: Zum letzten Mal werden die klassischen „Ferraris“-Zähler eingebaut – die allen vertrauten schwarzen, schweren Kästen mit der Scheibe, die sich umso schneller dreht, je mehr Strom man verbraucht.

Das erste Bauteil für die Zukunft hat Elektromeister Martin Niemeier bereits seit letzter Woche auf seinem Schreibtisch stehen: einen digitalen Stromzähler, klein und handlich. Es handelt sich um das Modell „EDL21/EDL-40“, das „für die Anforderungen der Energiewende“ konzipiert worden ist, wie das Umweltministerium propagiert.

Diese sogenannten „Smart Meter“ sind ab diesem Jahr eigentlich Pflicht, doch für private Haushalte, die nicht mehr als 6.000 Kilowattstunden im Jahr verbrauchen, verlängert sich die Frist bis 2020.

Und noch fehlt ein entscheidendes Bauteil: Das sogenannte Gateway-Modul, das mit dem Internet kommunizieren kann. Dann ist möglich, wofür „Smart Home“ steht: Das heißt, der Kunde kann über den neuen Zähler im Internet lesen, wie viel Strom gerade der Junior verbraucht, der am Computer daddelt, was ein Waschgang der Spülmaschine kostet, wie viel der neue Flachbildschirm auf Standby frisst.

Wie viel Strom ein Haushalt gerade verbraucht, wissen dann allerdings auch die Stadtwerke-Mitarbeiter am Bahnhofsweg, ohne den Fuß vor die Tür zu setzen. Als Ergebnis stellt sich der Gesetzgeber vor, dass der Kunde so künftig seinen Verbrauch bewusst und besser steuert.

Gateways werden im Moment noch nicht angeschlossen, weil die Modelle noch nicht zertifiziert sind.

Und dann ist da außerdem noch die Sache mit der Datensicherheit. Es ist ja nicht clever, wenn in einem Mehrfamilienhaus jeder weiß, dass der Nachbar wieder bis zum Morgengrauen vor der Glotze sitzt. Oder ein Einbrecher feststellen kann, ob jemand zu Hause ist und dann mal eben einen Zähler hacken kann, um die Sicherungsanlage lahmzulegen.

Am Ende dieser jetzt begonnenen technischen Entwicklung steht dann Smart Grid, das „intelligente“ Stromnetz. Die Idee hier: Weil regenerative Energie vom Wetter, von Sonne und Wind abhängt, gibt es mal zu viel, mal zu wenig Strom. Nach dem Wetter richtet sich aber nicht der Stromverbraucher. Und für das Stromnetz bedeuten starke Schwankungen puren Stress, Absturz, ein „Black out“ droht. Dieses Problem soll Smart Grid lösen.

Smart Grid greift dann auch merklich in den Alltag des Normalbürgers ein. Denn die Waschmaschine oder die Spülmaschine setzt sich nicht in Gang, wenn die Hausfrau auf den Startknopf drückt, sondern wenn es ein Überangebot an Energie gibt, beispielsweise, wenn gerade mal der Wind weht. Das bedeutet dann in letzter Konsequenz auch, dass sich die Strompreise dann stündlich verändern.

Zukunft ist, dass dann unter dem Carport des Einfamilienhauses ein E-Mobil steht, dass daneben das E-Motorrad geparkt ist und die E-Räder, die Strom speichern, wenn es Energie im Überfluss gibt, den Saft wieder abgeben, wenn zu wenig Strom im Netz ist.

Doch bis es so weit ist, schätzt Sewald, werde wohl noch ein Jahrzehnt ins Land gehen. Es gehe dabei ja nicht nur um die Frage der technischen Machbarkeit, sondern auch um die Akzeptanz beim Verbraucher.

Der würde nämlich dann in Sachen Energiekonsum zum gläsernen Kunden.

Die schwarzen Kästen auswechseln, das macht zurzeit in Rinteln die Firma Heinz Lackmann als Dienstleister für die Stadtwerke.

Keine zehn Minuten braucht ein Elektromonteur, um einen Ferraris-Zähler auszuwechseln: Sicherungen raus, Anschlüsse abklemmen, Kasten abschrauben, neuen anschrauben, Anschlüsse feststecken, Abdeckplatte drauf, Sicherungen rein.

Der neue digitale Zähler wird einfach mit einem Handgriff auf die Steckplatte geklemmt. Arbeitszeit: keine Minute.

Doch auch dann gilt nach wie vor: Bevor der Monteur den Strom abdreht, sollte man seinen Computer heruntergefahren haben. Denn die nehmen einen Totalabsturz manchmal übel.

© Schaumburger Zeitung, 18.04.2017