"Glühbirne rausdrehen muss nicht sein"

07.02.2013

Kaum böse Überraschungen bei Strom- und Gasrechnungen / Bei Stadtwerken glühen trotzdem die Telefondrähte

Von Cornelia Kurth

In diesen Tagen herrscht Hochbetrieb bei den Stadtwerken. So viele Kunden wollen per Telefon oder direkt vor Ort mit den Beratern sprechen, dass sogar zusätzliche Öffnungszeiten angeboten wurden. Es geht in den meisten Fällen um die Jahresabschlussrechnungen, die gerade in den Haushalten angekommen sind. „Warum habe ich so viel verbraucht?“ – das ist die häufigste Frage, die von den Kunden gestellt wird, sagt Thomas Rinnebach, Vertriebsleiter der Stadtwerke Rinteln.

Zwar sei dieses Jahr ein „sehr ruhiges“ Jahr gewesen, vor allem der milde Winter habe dazu beigetragen, dass vielen Haushalten der große Nachzahlungsschock erspart blieb. „Außerdem haben wir bei der Berechnung der monatlichen Abschlagraten richtige Punktlandungen hingelegt“, meint Rinnebach.Trotzdem gibt es jede Menge Kunden, die rätseln, was der Grund sein kann, dass bei ihnen die Kosten für Strom, Wasser und Heizung angestiegen sind.

Wo die Stadtwerke Nachzahlungen einzufordern haben, läge es so gut wie immer am Verbrauchsverhalten der Kunden, das betont Thomas Rinnebach ebenso wie Nadine Schäfer, Pressesprecherin der Stadtwerke Hameln. Die Strom- und Gaspreise seien über das Jahr 2012 hinweg stabil geblieben, außerdem habe man bei den Abschlagraten einen Durchschnitt aus dem Verbrauch der letzten drei Jahre gebildet, sodass kaum ins Gewicht fiel, dass der Winter 2011 sogar noch milder gewesen sei als der Winter 2012. „Wer jetzt Überraschungen erlebt oder insgesamt meint, er zahle zu viel, sollte sich die Zeit nehmen und hinterfragen, wie es mit seinem alltäglichen Verhalten rund ums Heizen, Duschen und den Stromverbrauch aussieht“, meint Thomas Rinnebach.

Nur an einem Kostenfaktor, der dazu führt, dass die monatlichen Vorauszahlungen für den Strom für alle angestiegen sind, an dem könne der Verbraucher wenig ändern: die staatlichen Umlagen, Steuern und Abgaben zur Förderung der Energiewende. „Die machen mittlerweile über fünfzig Prozent des Strompreises aus“, erklärt Nadine Schäfer. „Da die Kilowattstunde in diesem Jahr durch Umlagen und Abgaben etwa 5,3 Cent mehr kostet, werden natürlich entsprechend höhere Abschlagzahlen für 2013 aufgeführt“, sagt sie. Allerdings habe es zum Glück insgesamt eher wenig Aufregung um diesen Punkt gegeben, da die meisten Kunden durch die Diskussion in den letzten Monaten bereits gut informiert waren. „Zudem können wir als Stadtwerke da eh nichts machen. Unsere Preise bleiben stabil, auf die gesetzlich bedingte Erhöhung haben wir keinen Einfluss.“

Wie nun aber soll jemand, der erschrocken ist über seinen hohen Energie- und Wasserverbrauch hinterfragen, woran das wohl liegt? „Viele meinen zunächst, der Fehler läge nicht an ihnen, sicher seien die Zahlen irgendwie falsch abgelesen worden oder die Zähler selbst defekt“, so Thomas Rinnebach. „Und ich will nicht behaupten, so etwas käme niemals vor, doch solche Fälle liegen im Promillebereich.“ Bevor man seine Strom-, Gas- oder Wasserzähler ausbauen und beim Eichamt prüfen lasse, solle man lieber andere Optionen durchgehen, meint der Vertriebsleiter. Stellt sich nämlich heraus, dass die Zähler in Ordnung sind, muss der Kunde die Prüfung bezahlen. Also sei Selbstreflektion angesagt.

Zuallererst sollte man sich fragen, was sich im letzten Jahr in Haushalt und Alltagsleben geändert hat. „Ich habe selbst mal so eine Überraschung erlebt, als wir uns nämlich ein Wasserbett angeschafft hatten, das doch eine nicht unerhebliche Menge Strom verbraucht“, sagt er. „Oft vergisst man den Kauf neuer elektrischer Geräte, wenn man erst viele Monate später die Quittung dafür erhält.“ Auch wenn ein Kind geboren werde oder man häufig Übernachtungsgäste habe, wenn ein Familienangehöriger den PC und das Internet neu entdecke und dann rund um die Uhr online sei, oder wenn das Haus eine Telefonanlage bekommen hat mit drei mobilen Stationen, all diese Dinge führten natürlich zur Erhöhung des Stromverbrauches.

Was das Wasser betrifft, so solle man immer ein Auge auf die Hausinstallationen haben: „Das ist das A und O beim Wassersparen!“ Tropfende Wasserhähne oder eine Toilettenspülung, aus der leise das Wasser rinnt, so etwas könne sich im Laufe eines Jahres deutlich spürbar auf den Wasserverbrauch auswirken. Auch sei es sinnvoll, hin und wieder einen Blick auf die Wasseruhr zu werfen. Dreht sich der Zähler auch dann, wenn alle Hähne geschlossen sind und die Installation geprüft ist, könnte es sich um eine Leckage in einem der Rohre handeln.

Zudem rät Rinnebach dazu, sogenannte Perlatoren in Wasserhähne und Duschköpfe einzubauen, also Wasserstrahlregler, die das Wasser mit Luft verwirbeln, den Durchfluss regulieren und dadurch erhebliches Sparpotenzial böten. Die gefühlte Temperatur sei höher und man habe trotz erheblich geringerem Durchfluss ein angenehmes Duschgefühl. So könne man locker 20 Minuten duschen, bevor mit der verbrauchten Wassermenge eine Badewanne gefüllt sei. „Sicherlich lieben viele Menschen das tägliche Wannenbad“, meint er. „Doch dann müssen sie eben auch wissen, dass das entsprechend teurer ist.“

Besonders hohe Heizkosten können ebenfalls mit einem veränderten Alltag zu tun haben. Wo vorher vielleicht alle Familienmitglieder täglich das Haus verließen und dann entsprechend die Heizung herunterregelten, war nun vielleicht doch jemand den ganzen Tag über in der Wohnung und hat voll geheizt.

Manchmal werden auch defekte Ventile erst spät entdeckt und die Heizung arbeitet, obwohl man sie normalerweise ausgestellt hätte. Oder man hat Jugendliche im Haus, die heimlich rauchen und immer ihr Fenster auf kipp stellen, ohne zu bedenken, dass sie mit dem Rauch zugleich auch die Wärme nach draußen schicken, fügt Rinnebach an.

Bei den Stadtwerken in Hameln und Rinteln werden mehrmals monatlich kostenlose Beratungsstunden zum Thema Energiesparen im Haushalt angeboten. „Was das konkrete Verhalten einzelner Menschen betrifft, da können wir natürlich schlecht per Ferndiagnose durchschauen, wo das Problem liegt“, sagt Thomas Rinnebach. Doch allgemeiner gehaltene Ratschläge, sie wirkten im persönlichen Gespräch oft besser, als wenn man sie im Internet oder in Broschüren nachliest.

So erfährt man, dass die Stadtwerke den Kauf zweier neuer energiesparender Geräte wie Kühlschrank, Waschmaschine oder Spülmaschine mit 50 Euro unterstützen, ebenso, wie der Kauf einer effizienten Hochleistungs-Heizungspumpe gefördert wird, weil diese sich individuell regeln lassen und so nicht nur weniger Heizenergie verbrauchen, sondern auch entscheidend Strom einsparen. „Alte Heizpumpen können nur ganz oder gar nicht“, erklärt er. „Stillstand oder Vollgas. Wir leihen auch kostenlos Messgeräte aus, mit denen man den Stromverbrauch einzelner Haushaltsgeräte und eben auch der Heizungspumpe messen kann. So mancher staunt dann, wie viel Energie wie nebenbei verbraucht wird…“

Überhaupt müsse man sich klarmachen, dass „Kleinvieh eben auch Mist“ mache. „Wer noch keine Energiesparlampen nutzt und dann nicht nur am aktuellen Arbeitsplatz, sondern überall im Haus das Licht brennen lässt, braucht sich nicht über eine hohe Stromrechnung zu wundern“, sagt er. „Nicht anders ist es bei all’ den Geräten, die auf Stand-by stehen – Fernseher, PC, DVD-Player oder anderen Geräten, die auch dann Strom ziehen, wenn sie nicht ganz von der Leitung abgekoppelt sind. Auch da sorgen die Strommessgeräte für manchen kleinen oder größeren Erkenntnisgewinn.“

Die Abrechnungen, die man übrigens auch online bestellen kann – das ergibt ein Sonderguthaben von 18 Euro – sie weisen auch hilfreich aus, sagt Rinnebach, wie ein Haushalt im Vergleich mit dem Durchschnitt aller Haushalte dasteht, also ob man „fantastisch“ oder „gut“ im Rennen liegt, oder ob der Verbrauch gar als „viel zu hoch“ einzustufen sei.

Leider gäbe es rund um Sparen auch einige Paradoxe, die es dem Kunden nicht gerade leichter machten. So nütze das Stromsparen bisher dem Einzelnen noch in finanzieller Hinsicht; würden aber alle Kunden richtig sparen, müssten die fixen Umlagen eben auf weniger verbrauchte Kilowattstunden verteilt werden und der Geldspareffekt verflüchtige sich. In Bezug aufs Wassersparen sei zu bedenken, dass die Abwasserleitungen immer gut durchspült sein müssen, da ihr Durchmesser nicht auf einen Minimalverbrauch hin angelegt sei.

„Insgesamt sollte man schon überlegen, wie man spart und was man sich eben gönnen will“, so Fachmann Rinnebach. „Eines ist jedenfalls klar: Im Kühlschrank auch noch die Glühbirne rauszudrehen, das muss wirklich nicht sein.“

 

© Schaumburger Zeitung, 07.02.2013; Foto: ll