Stadtwerke und Bürgermeister stehen unter Strom

01.03.2012

Eon Westfalen-Weser stoppt Verkaufsverhandlungen über Energienetze lippischer Gemeinden

Kreis Lippe. Die Eon Westfalen Weser AG hat die Verhandlungen über den Verkauf ihres Strom- und Gasnetzes in Kalletal, Dörentrup, Augustdorf und Leopoldshöhe an heimische Stadtwerke gestoppt. Schon die vorausgehende Vergabe der Konzessionen an diese Stadtwerke sei seitens der Kommunen rechtlich nicht korrekt gelaufen.

Zur Erinnerung: Die vier Kommunen hatten den Stadtwerken Lemgo, Detmold, Bad Salzuflen und Rinteln den Netzbetrieb im Mai 2011 zugesprochen. Diese hatten im Bieterwettbewerb den bisherigen Netzbetreiber Eon Westfalen Weser übertrumpft. Nun geht es darum, wieviel das Unternehmen für das von ihm verlegte oder erweiterte und gepflegte Leitungsnetz bekommt. "Seitdem gab es zahlreiche Verhandlungsrunden, in denen bereits Einigkeit über die Trennung der Netze und der damit verbundenen Größenordnungen erzielt wurde", berichtet Arnd Oberscheven, Geschäftsführer der Stadtwerke Lemgo. Terminierte Gespräche zum Kaufpreis oder zur Personalübernahme seien nun plötzlich abgesagt worden. Für die Endverbraucher ändert sich nichts, "die Netzsicherheit ist gewährleistet", betont Oberscheven.

Unternehmenssprecher Michael Wippermann begründet den Schritt von Eon Westfalen-Weser: Kriterien, nach denen die Gemeinden die neuen Netzbetreiber ausgewählt hätten, seien nicht rechtskonform, etwa die Leistungsfähigkeit der Stadtwerke oder deren Umweltfreundlichkeit.

Kommunen und Stadtwerke sind höchst irritiert und sprechen von "vagen Unterstellungen" (Leopoldshöhes Bürgermeister Gerhard Schimmel), verweisen den Vorwurf "ins Reich der Phantasie" (Andreas Karger, Bürgermeister Kalletal) oder bezeichnen das Vorgehen als "Taktieren, das nichts nutzen wird"(Arnd Oberscheven).

Andreas Karger widerspricht Wippermann: "Die Ausschreibung ist diskriminierungsfrei gelaufen." Sein Leopoldshöher Amtskollege Schemmel sagte, die Entscheidung sei bedauerlich. "Wir haben uns sehr wohl beraten lassen und das Verfahren sehr sorgfältig durchgeführt." Schemmel sieht "deutliche Zusammenhänge" mit unternehmerischen Entscheidungen des Düsseldorfer Energiekonzern Eon. Dieser will ja bekanntlich seine Tochter Westfalen Weser rekommunalisieren. Oberscheven: "Anscheinend wollen die Düsseldorfer den Unternehmenswert und die Attraktivität des Paderborner Unternehmens erhalten. Dabei ist der von den vier Stadtwerken mit den genannten vier Kommunen bereits verabschiedete Weg der Rekommunalisierung offenbar störend." Dasselbe Spiel spiele Eon mit den Stadtwerken Hameln. "Es ist aber kaum denkbar, dass insgesamt elf Kommunen falsche Vergabeverfahren gewählt haben sollen - Verfahren, bei denen Eon Westfalen Weser sich sogar selbst um den Betrieb der Netze beworben hatte."

Wippermann bleibt dabei: "Der erste Schritt zur Lizenzvergabe an die Mitbewerber passt schon nicht, also können die weiteren Schritte ebenfalls nicht gehen." Sein Unternehmen habe den vier Kommunen diese "juristisch einwandfreie Position" dargestellt, nun seien diese am Zug.

Oberscheven begrüßt sehr, dass sich die Kartellämter in NRW und Niedersachsen eingeschaltet haben: "Diese werden das Vergabeverfahren zeitnah überprüfen." Er gehen von einer für die vier Kommunen positiven Entscheidung aus und davon, dass Eon sich wieder an den Verhandlungstisch setzten wird. Und wenn nicht? "Wir haben die Verträge mit den Gemeinden zur Übernahme der Konzessionen unterzeichnet. Die Stadtwerke Lemgo, Detmold,  Bad Salzuflen und Rinteln tragen die neue Gesellschaft zu 24 Prozent, die Stadt Vlotho zu vier Prozent. Ich hoffe nicht, dass irgendwann Gerichte entscheiden müssen."

 

© Lippische Landes-Zeitung, 01.03.2012; von Martin Hostert; Archivfoto: Kemna