Anwälte sollen e.on an Verhandlungstisch holen

01.03.2012

Übernahme der Stromnetze: Stadtwerke aus Rinteln und Lippe setzen ihren Weg unbeirrt fort

Rinteln/Auetal/Lemgo (rd, dil). Überraschung, Enttäuschung und Zweifel in Rinteln, Auetal und in Lippe: Die e.on Westfalen Weser AG als bisheriger Netzbetreiber hat die Verhandlungen über den Preis der Strom- und Gasnetze abgebrochen. Die offizielle Begründung: Die Kommunen hätten bei der Netzvergabe juristische Fehler begangen. „Die beteiligten Stadtwerke vermuten andere Hintergründe“, teilt Jürgen Peterson, Geschäftsführer der Stadtwerke Rinteln, zu deren gemeinsamer Stellungnahme mit.

Hintergrund: Die vier lippischen Kommunen Augustdorf, Dörentrup, Kalletal und Leopoldshöhe hatten im Jahr 2011 ihren Netzbetrieb den Stadtwerken Lemgo übertragen. Die Stadtwerke Lemgo wollten in einem gemeinsam mit den Stadtwerken Bad Salzuflen, Detmold und Rinteln gegründeten Unternehmen ab 2012 für 20 Jahre den Netzbetrieb übernehmen und die Versorgung sicherstellen. Gleiches galt für die Gemeinde Auetal, die den Betrieb des Auetaler Stromnetzes an die Stadtwerke Rinteln übertragen hat. Hier wurde auch eine neue gemeinsame Gesellschaft, die Netzgesellschaft Auetal, gegründet.

Die Konzessionen für die regionalen Strom- und Gasnetze sind unter Energieversorgern allerdings begehrt: Sie gestatten dem Konzessionsnehmer in einer Gemeinde, die Strom- und Gasnetze zu betreiben und werden in der Regel für 20 Jahre vergeben. Auch in Augustdorf, Dörentrup, Kalletal und Leopoldshöhe stand die Neuvergabe für 2012 an. So berieten diese Kommunen im Jahr 2010 die Konzessionsvergabe erstmalig in der Geschichte gemeinsam. Die Gemeinde Auetal schrieb ihre Konzession ebenfalls aus.

Bewerber gab es viele. Der bisherige Netzbetreiber, die e.on Westfalen Weser AG gehörte dazu, aber auch die kommunalen Stadtwerke aus Bad Salzuflen, Detmold, Lemgo und Rinteln. Nach einem intensiven Auswahlprozess setzten sich die lokalen Stadtwerke durch. „Bereits im Mai 2011 wurden daher den Stadtwerken Lemgo diese Konzessionen zugesprochen. Die Gemeinde Auetal übertrug im Juli 2011 den Betrieb des Stromnetzes an die Stadtwerke Rinteln“, so Peterson.

Seit dieser Zeit gab es zahlreiche Verhandlungsrunden mit e.on Westfalen Weser, in denen bereits Einigkeit über die Trennung der Netze und der damit verbundenen Größenordnungen erzielt wurde. Bereits am 6. Februar sollten letzte Details geklärt werden. Für den 10. Februar stand ein weiterer Termin an, an dem die Kaufpreise und ein möglicher Personalübergang Thema waren. „Die Verhandlungen über das Auetaler Stromnetz sollten im Januar beginnen“, so Peterson.

Nachdem die e.on Energie AG aber am 26. Januar ihren beabsichtigten Rückzug aus der e.on Westfalen Weser AG angekündigt hatte, wurden diese Gespräche am 6. Februar abgesagt. Die Begründung: Man habe juristische Fehler festgestellt. Der erforderliche rechtliche Rahmen bei der Konzessionsvergabe sei nicht eingehalten worden, und demnach sei das Vergabeverfahren zu wiederholen (wir berichteten). Peterson: „Für das Stromnetz in der Gemeinde Auetal wurden die Verhandlungen erst gar nicht aufgenommen, obwohl ein Gesprächstermin fest vereinbart war. Der wurde kurzfristig abgesagt.“ Auch mit den Landkreisen, Schaumburg, Hameln-Pyrmont und Lippe wurden die Gespräche abgebrochen. Die Stadtwerke bezweifeln die Verfahrensfehler, habe sich doch e.on Westfalen Weser selbst um den weiteren Betrieb der Strom- und Gasnetze beworben.

„Anscheinend will der Düsseldorfer Energiekonzern e.on im Rahmen der geplanten Trennung von der Regionaltochter in Ostwestfalen-Lippe den Wert beziehungsweise die Attraktivität von e.on Westfalen Weser erhalten“, vermuten die Stadtwerke aus Lippe und Rinteln. „Schließlich wird in der Presse verkündet, dass die vollständige Rekommunalisierung von e.on Westfalen Weser angestrebt wird. Dabei ist unser mit den vier lippischen Kommunen und der Gemeinde Auetal bereits verabredete Weg der Rekommunalisierung offenbar störend.“

Die vier Stadtwerke wollen gemeinsam mit den vier lippischen Kommunen und der Gemeinde Auetal den eingeschlagenen Weg unbeirrt fortsetzen und mit allen juristischen Möglichkeiten e.on Westfalen Weser an den Verhandlungstisch zurückholen. In diesem Zusammenhang begrüßen es die Stadtwerke sehr, dass sich in Nordrhein-Westfalen und Niedersachen inzwischen die Landeskartellämter eingeschaltet haben, um die Vorgänge um den Abbruch der Verhandlungen zu prüfen.

In Rinteln ist e.on nur noch mit Überlandleitungen und Umspannwerken wie hier Am Stumpfen Turm vertreten. Das Stromnetz haben die Stadtwerke schon vor Jahren übernommen und sich damit aus heutiger Sicht viel Verhandlungsärger erspart.

 

© Schaumburger Zeitung, 01.03.2012; Foto: tol