"So wie heute soll es an jedem Tag sein!"

31.07.2010

Rinteln (mld). Pro Viertelstunde zeigen die großen gelben Ziffern an dem Turm mit der Uhrzeit und der Lufttemperatur ein Grad weniger an: erst 24, dann 23, später nur noch 20 Grad. Zudem ist die Sonne schnell hinter den Häuserdächern verschwunden, der Himmel färbt sich dunkelblau. Beruhigend ist da die große gelbe 23 am Turm, die besagt, dass das Wasser auch um halbzehn abends in den zwei großen Schwimmbecken des Weserangerbads immer noch 23 Grad hat.

„Ist doch warm“, stellt der 15-jährige Jens Hensel ungerührt fest, als er sich zum x-ten Mal dazu bereit macht, die Wellenrutsche hinunterzurutschen. Auch sein Kumpel Jonas zeigt sich ungerührt, auch wenn er im Gegensatz zu Jens nicht einmal einen wärmenden Shorty, einen kurzen Neoprenanzug, trägt.

Beim Nachtschwimmen, zu dem unsere Zeitung am Freitagabend von 20 bis 23 Uhr ins Weserangerbad eingeladen hatte, zeigen sich gerade die Jugendlichen begeistert von den ungewöhnlich langen Öffnungszeiten und dem freien Eintritt: Auf den Sprungbrettern stehen sie Schlange, um immer und immer wieder Sprünge mit komplizierten Umdrehungen oder mit hoher Wasserfontäne zu zeigen, der Strudel ist mit Kindern gefüllt, im „Abenteuerbecken“ klettern sie sich gegenseitig auf die Schultern und springen dann ins Wasser.

Unerschrocken sind auch die Jugendlichen Julia Paske, Mona Meermann, Laureen Chowanietz und Sabrina Okroja, die sich erst aus ihrer Kleidung schälen und in Bikinis in Richtung Wasser aufbrechen, als schon die ersten Sterne am Himmel stehen.

„Vielleicht ist das Wasser ja jetzt wärmer“, hofft Mona. Womit sie zum Teil Recht haben dürfte: Wärmer als die Luft ist es. Laureen nennt einen anderen Grund, erst Schwimmen zu gehen, nachdem die Sonne untergegangen ist und die drei Becken des Weserangerbads mithilfe der Stadtwerke ausgeleuchtet wurden: „Jetzt mit den Lichtern sieht das Wasser viel schöner aus.“

Julia nennt einen dritten Grund, den wohl viele Schaumburger Jugendliche an diesem Abend ebenso anführen können: „Wir wollen das letzte Wochenende der Sommerferien noch einmal ausnutzen!“ Am Donnerstag beginnt für sie schließlich wieder die Schule.

Doch nicht nur die Jugendlichen, auch viele Dauerschwimmer und ältere Gäste des Bades sind gekommen, um einmal jenseits der üblichen Öffnungszeiten bei (fast) wolkenlosem Himmel ihre Bahnen zu ziehen. Während die Kinder von Cornelia Franke-Meier aus Steinbergen zum Beispiel von einem Becken ins andere hüpfen und auch die Wellenrutsche nicht außen vor lassen, möchte sie einfach ins Schwimmbecken und das Wasser testen: „Im letzten Jahr war es kälter“, lautet ihre Feststellung. Gegen 22 Uhr muss dann aber doch ein wärmender Kaffee her. Ob sie und ihre Familie jetzt ihre Sachen packen und nach Hause fahren? – „Nein, noch lange nicht!“

Zu kalt wiederum ist es für Markus Struck und Werner Steinig aus Rinteln – sie haben ihre Kinder und Ehefrauen ins Freibad begleitet und genießen nun den Sommerabend am Beckenrand. „Solange es trocken ist!“, sagt Struck.

Trocken bleibt es an diesem Abend – und so wird weiter geschwommen, gesprungen, gerutscht, am Kiosk gegessen, getrunken, am Beckenrand gesessen und dem nassen Vergnügen zugesehen. Das alles unter den wachsamen Augen des Weserangerbad-Teams unter Leitung von Schwimmmeister Stefan Lehmann – die an diesem Tag erst Mitternacht Dienstschluss haben.

Die Jugendlichen, die zum Schluss mehrheitlich das Bad bevölkern, würden es ihnen wohl danken – und sie alle würden wohl Jens’ Aussage unterschreiben: „So wie heute sollte es jeden Tag sein!“

© Schaumburger Zeitung, 31.07.2010