Kein Regen - wird das Wasser bald knapp?

15.07.2010

Von Jessica Janson

Unser Trinkwasserverbrauch beginnt schon am frühen Morgen. Denn zum Trinkwasser zählt jegliches Wasser, das wir unserer Leitung entnehmen, ob wir es nun trinken oder nicht. Schon beim morgendlichen Zähneputzen verbrauchen wir etwa einen halben Liter Trinkwasser. Die Morgenwäsche schlägt mit drei bis fünf Litern zu Buche, wer duscht, schickt sogar 60 bis 90 Liter in den Abfluss. In der Küche geht es dann weiter: Kaffee kochen: 1 Liter. Obst für die Mittagspause waschen: 2 bis 4 Liter. Abwasch von gestern Abend machen: 40 Liter und schnell vor der Arbeit noch mal auf Toilette: 6 bis 14 Liter, je nach Spülkasten.
Schon bevor wir das Haus verlassen, haben wir morgens also schon 50 bis 150 Liter Trinkwasser verbraucht. Und dabei sind Spitzenverbraucher wie Wäschewaschen (etwa 120 Liter im Normalprogramm) und das Vollbad (140 bis 180 Liter) noch gar nicht in der Rechnung inbegriffen. Im Sommer steigt der Trinkwasserverbrauch sogar noch. Viele Menschen gehen mehrmals am Tag duschen, die Blumen müssen häufiger gegossen werden und vielleicht wird sogar das Planschbecken für die Kinder noch mit dem kühlen Nass gefüllt.

Nach Angaben des Landesbetriebes für Statistik und Kommunikationstechnologie hat im Jahr 2007 jeder Bundesbürger etwa 130 Liter Trinkwasser täglich verbraucht. Und nach Angaben der heimischen Stadtwerke deckt sich dieser Wert auch mit dem aktuellen Verbrauch der Schaumburger. Der Verbrauch bleibt auch im Moment mindestens auf diesem Niveau. Wassernachschub durch Regen gibt es jedoch nicht. Da ist zu befürchten, dass die Wasserreserven irgendwann aufgebraucht sind.

„Es ist immer noch genug Wasser da und es wird auch in Zukunft reichen“, beruhigt Thomas Seewald, technischer Leiter der Stadtwerke Rinteln. „Auch diese sehr lange Hitzeperiode können wir ohne Probleme aushalten.“ Das liege vor allem daran, dass der Landkreis Schaumburg nicht zwingend auf Regenschauer angewiesen ist, um seine Vorräte aufzustocken. Denn das Grundwasser beginnt seine Reise im angrenzenden Wesergebirge. „Dort versickert es in tiefe Gesteinsschichten und beginnt dann seinen Weg in unsere Grundwassergebiete“, so Seewald. Es sammle sich schließlich im Wesertal, in tief unter der Erdoberfläche gelegenen Kiesschichten. „Wir haben sozusagen Flüsse und Seen tief unter der Erde.“

Auch Michael Sokoll, technischer Leiter der Stadtwerke Schaumburg-Lippe, sieht keine Gefahr. „Das Trinkwasser ist absolut ausreichend dimensioniert. Wir haben sogar noch Luft nach oben“, versichert er. Denn auch die Stadtwerke Schaumburg-Lippe, welche Obernkirchen, Bückeburg, die Samtgemeinde Eilsen, Stadthagen und Teile Nienstädts mit Wasser versorgen, beziehen ihr Wasser aus Brunnen, welche in die unterirdischen Grundwasserleiter reichen. „Das macht uns unabhängig von Tagesereignissen, wie zum Beispiel Regen.“

Es vergeht jedoch viel Zeit, bis das Wasser aus dem Wesergebirge die Grundwassergebiete im Wesertal erreicht hat. Man könne keinesfalls nach jedem Regenschauer einen steigenden Grundwasserspiegel beobachten, sagt Seewald. „Der Grundwasserspiegel steigt vielmehr etwa von Oktober bis April kontinuierlich an“, erklärt er. In dieser Zeit sickert das Niederschlagswasser im Wesergebirge in die Gesteinsschichten. Da es im vergangenen Winter ungewöhnlich viel Niederschlag gegeben hat, meist in Form von Schnee, ist der Grundwasserspiegel nach Aussage Seewalds zu Beginn des Sommers sogar ungewöhnlich hoch gewesen. „In den Sommermonaten stagniert der Grundwasserspiegel dann zunächst und beginnt schließlich langsam zu sinken.“ Dies sei in jedem Sommer so und auch bei der aktuellen Hitze und Trockenheit entstehen daraus keine Probleme.

Sokoll konnte nach dem Winter hingegen keine gravierenden Veränderungen des Grundwasserspiegels feststellen. „Das ist aber auch gar nicht nötig“, sagt er. Denn in seinem Hauptwasserwerk in Engern fördern die Stadtwerke zurzeit etwa 12 000 Kubikmeter Trinkwasser täglich. „Das ist zwar mehr, als wir im Winter fördern, aber immer noch viel weniger, als wir könnten.“ Im Winter reiche eine Wassermenge von etwa 9000 Kubikmetern. Genehmigt seien sogar 17 000 Kubikmeter. Und auch in den Wasserwerken in Obernkirchen und Stadthagen hätten die Stadtwerke noch ordentliche Reserven. „Wir könnten also ohne Probleme noch viel mehr Wasser fördern, ohne dass die Vorräte versiegen würden.“

Das Rintelner Trinkwasser wird hauptsächlich mithilfe von 10 bis 24 Metern tiefen Brunnen gewonnen. „Der Brunnen in Goldbeck ist sogar 80 Meter tief“, sagt Seewald. Die Brunnen fördern das Grundwasser, je nach Tiefe, aus unterschiedlichen Gesteinsschichten, die auch im Sommer noch ausreichend Wasser führen. „Sie müssen sich unsere Erde wie ein vielstöckiges Hochhaus vorstellen“, verdeutlicht Seewald. „Wir Menschen sitzen auf dem Dach, und in den unteren Stockwerken befindet sich das Wasser.“ Interessant dabei sei, dass es mehrere Stockwerke voll Wasser gebe, die nicht miteinander in Verbindung stehen. „So gibt es gleich mehrere Schichten, aus denen Wasser gefördert werden kann.“ Und das diese einmal geleert würden, sei äußerst unwahrscheinlich. „Man soll ja niemals nie sagen, aber ich kann es mir nicht vorstellen.“

Anders verhalte es sich jedoch mit den zwei Quellen, aus denen die Stadtwerke das Trinkwasser für die Ortsteile Hohenrode, Ahe, Engern, Deckbergen, Schaumburg, Kohlenstädt und Steinbergen gewinnen. „Quellen reagieren auf Regen. Bei einer lang anhaltenden Trockenphase geht das Wasser daher zurück“, sagt Seewald. Bewohner der betroffenen Ortsteile müssen sich jedoch keine Sorgen machen. Alle Ortschaften sind zusätzlich an das Versorgungsnetz der Stadtwerke angeschlossen, sodass im Bedarfsfall Trinkwasser aus einem Brunnen zugeführt werden kann.

Durch das Wesergebirge hat der Landkreis Schaumburg also ausreichende Trinkwasservorräte und muss kein zusätzliches Wasser importieren. Doch viele andere Regionen müssen von solch einer Möglichkeit Gebrauch machen. Das Wasser aus den Talsperren im Harz wird zum Beispiel über lange Leitungen bis nach Bremen transportiert. „Diese Möglichkeit müssen aber nur Gebiete nutzen, die traditionell über einen sehr geringen Grundwasserspeicher verfügen“, beruhigt Seewald und ist sicher, dass Schaumburg auch zukünftig nicht dazugehören wird.

Auch wenn die Trinkwasservorräte im Moment ausreichend sind, mahnt Seewald den verantwortungsvollen Umgang damit an. „Wasser ist eine natürliche, aber sehr wertvolle Ressource, die man nicht verschwenden sollte.“

Trotzdem sollte man bei den aktuellen Temperaturen vor allem bei einer Sache kein Wasser sparen: Beim Trinken. Der Verein „Forum Trinkwasser“ empfiehlt für Erwachsene eineinhalb bis zwei Liter pro Tag. Wer stark schwitzt, oder sich viel bewegt, sollte sogar die dreifache Menge zu sich nehmen.

Vor allem bei kleinen Kindern und Senioren existiere oft kein ausreichendes Durstgefühl, was dazu führen könne, das zu wenig getrunken wird. Dabei kann die Sommerhitze gerade für ältere Menschen zum Gesundheitsrisiko werden, da sie über weniger Wasserreserven verfügen. Als mögliche Folgen nennt der Verein Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Verwirrung oder sogar lebensgefährliche Zustände. Kinder sollten generell zwischen einem und eineinhalb Liter Flüssigkeit zu sich nehmen, an heißen Tagen oder bei körperlicher Aktivität sogar das Drei- bis Vierfache. Bei allen gelte jedoch dasselbe: Regelmäßig über den Tag verteilt trinken. Auch wenn gerade kein Durstgefühl zu verspüren ist. Und ein weiterer Tipp: Besser zu zimmerwarmem Wasser greifen. Kaltes Wasser bringe den Körper zusätzlich zum Schwitzen.

Mehrmals täglich duschen und vor allem ganz viel trinken – Wasser ist bei dieser Hitze unverzichtbar. Dann noch abends die Blumen gießen, denn wirklich geregnet hat es ja seit Wochen nicht. Überhaupt kein Problem, das dafür nötige Wasser kommt ja schließlich einfach aus der Leitung. Aber wie lange halten unsere Trinkwasservorräte diesem extremen Verbrauch noch stand?

Gerade bei den aktuellen Temperaturen ist unser Trinkwasser ein begehrtes Gut. Und dank vieler unterirdischer Grundwasserspeicher wird es auch bei tropischer Hitze nicht knapp.
© Schaumburg-Lippische Landes-Zeitung, 15.07.2010