Die Klimafrage dezentral im Weserbergland lösen

09.02.2010

Rinteln (jaj). „Der Klimagipfel in Kopenhagen war ein Desaster", urteilt Ursula Helmhold, Mitglied des Niedersächsischen Landtages und Ratsmitglied in Rinteln: „Wenn es von oben nicht geht, müssen wir die Klimafrage eben von unten lösen." Dazu müssten sich die einzelnen Landkreise in der Weserbergland-Region vernetzen und auf einen gemeinsamen Weg verständigen.

Einen ersten Schritt für eine regionale Zusammenarbeit machten am Wochenende die Kreisverbände aus Schaumburg, Hameln-Pyrmont, Holzminden und Nienburg von Bündnis 90/Die Grünen. In der „grünen Energiekonferenz Weserbergland plus" diskutierten sie einen Tag lang im Tagungsraum der Stadtwerke im Bahnhofsweg über Wege zu einem regionalen Klima- und Ressourcenschutz.

Die Ziele, die sich die Grünen vorgenommen haben, sind unter anderem: Die Energie-Netze müssten wieder in kommunale Hand übergehen, die Weserberglandregion müsse eine Energie-Autarkie erreichen und eine Klimaschutzagentur solle zukünftig Aktivitäten bündeln. Vor allem die Genehmigung neuer Anlagen müsse einfacher werden.

Besonders die großen Energieversorger seien nicht so kooperativ wie die Rintelner Stadtwerke und somit ein echtes Problem für die Förderung regenerativer Energien. Das bestätigt auch Dieter Ahrens von der Bückeburger Firma Ahrens Solartechnik. Durch „Willkür" werde die Inbetriebnahme gerade größerer Anlagen verzögert oder sogar verhindert. Weniger Probleme gebe es bei Solaranlagen auf Einfamilienhäusern, doch auch hier hätten sich die Netzbetreiber etwas Neues einfallen lassen, um auf die Bremse treten zu können: „Wir müssen einen Zähler einbauen, den es noch gar nicht gibt", schilderte Ahrens. Aus den Reihen der Zuhörer kam schnell eine Schlussfolgerung: „Die Netzbetreiber wollen diese regenerativen Anlagen gar nicht, da die Energieversorgung dadurch dezentralisiert wird."

Für Helmhold ergibt sich daraus nur eine notwendige Forderung. „Wir müssen die Macht über die Netze wieder bekommen." Wenn die Netze wieder in kommunaler Hand seien, bringe das Vorteile für die gesamte Region, wie das Beispiel der Gemeinde Salzhemmendorf im Landkreis Hameln-Pyrmont zeige.

Dort wurde in nur zwei Jahren ein Bürgerwindpark mit fünf Windrädern errichtet, zusätzlich nahmen Landwirte vier Biogasanlagen in Betrieb. Mit diesen Anlagen wird nun doppelt soviel Strom erzeugt wie in Salzhemmendorf verbraucht wird.

Diese Energiewende müsse auch im Weserbergland so rasch wie möglich realisiert werden, so Ursula Helmhold. Denn auch wirtschaftlich sei eine Energie-Selbstversorgung interessant. Laut der Firma Solarcomplex AG verlassen pro Einwohner und Jahr rund 1300 Euro die Region, weil dafür Energie von extern eingekauft wird. Für die Stadt Rinteln seien das rund 35 Millionen jährlich. „Dieses Geld können wir in der Region halten. Eine bessere Wirtschaftsförderung kann es gar nicht geben."

Um dieses Ziel zu erreichen, wünscht sich auch der Kreisverband Schaumburg eine Klimaschutzagentur, wie sie die Landkreise Hameln-Pyrmont und Nienburg aktuell schon vorbereiten. Diese Agentur soll Kommunen, Handwerk, Wirtschaft und Bürger unabhängig beraten und aufklären.

Auch wenn es noch viel Handlungsbedarf gebe, seien in Schaumburg bereits positive Beispiele für Förderung regenerativer Energien erkennbar. „Bei den Stadtwerken Rinteln läuft alles sehr problemlos", versichert Dieter Ahrens. Ein Problem sind für die Grünen jedoch die Stadtwerke Schaumburg-Lippe. „Die stecken durch ihren Mitgesellschafter E.on in einer Innovationsklemme."

© Schaumburger Zeitung, 09.02.2010 / Foto: jaj